Nobody Wants to Die im Test: Bildgewaltige Hommage an Blade Runner und das ewige Leben (2024)

Spielerisch zwar überschaubarer und erzählerisch etwas überladener Thriller, der stilistisch dafür eine interessante Welt mit eindrucksvollen Kulissen erschafft.

Eines ist der Titel ganz sicher nicht: eine versteckte Anspielung auf ein tiefsinniges Thema. Denn gleich in den ersten Sekunden wird ganz klar, dass man Nobody Wants to Die absolut wörtlich nehmen muss. Die Menschen in diesem 24. Jahrhundert haben nämlich ganz buchstäblich keine Lust zu sterben.

Und sie müssen es auch nicht – haben die Wissenschaftler der Welt in Nobody Wants to Die doch einen Weg gefunden, sämtliche Erinnerungen im Moment des Todes einzufangen und in einen neuen Körper zu übertragen. Auf dass das, was Manche die Seele nennen mögen, ewig weiterleben mag. Praktisch. Oder?

Wobei nicht nur die Wissenschaft ihre Finger hier im Spiel hat. Auch die Wirtschaft und die Politik ziehen einen großen Nutzen aus dem System, das seinen Nutzern nicht ganz umsonst zur Verfügung steht…

Ich will die Einzelheiten gar nicht vorweg nehmen, weil es zum einen Teil der Geschichte ist, die Welt und ihre Details erst kennenzulernen. Und weil diese Art der Weiterbelebung zum anderen eine tragende Rolle dabei spielt.

Zuallererst ist Nobody Wants to Die dabei vor allem eins: ein bildgewaltiger Science-Fiction-Thriller, der seinem Vorbild Blade Runner zumindest visuell beeindruckend nahe kommt. Der genau wie Blade Runner und trotz aller Zukunftsmusik aber einen ebenso düsteren wie bodenständigen Film-Noir-Krimi erzählt, in dessen Mittelpunkt ein angezählter Ermittler steht.

In diesem Fall ist das James Karra, der zu einem Tatort gerufen wird, dessen Opfer nicht nur erhängt, sondern auch von einer Explosion erfasst wurde. Wie soll er da nur die Todesursache herausfinden? Nun, die fiktive Zukunft hält neben dem ewigen Leben, fliegenden Oldtimern sowie von Regen durchströmten Nächten noch ein paar weitere Besonderheiten bereit, darunter eine visuelle Datenverarbeitung, die vergangene Ereignisse als Hologramme darstellen kann.

Diese Hologramme spult Karra, mit dessen Augen man die Geschichte erlebt, wie ein Video beliebig vor und zurück, um Schlüsselmomente genauer zu untersuchen und Hinweise zu finden. Auf diese Art rekonstruiert er den Tathergang und setzt außerdem UV-Licht sowie einen Röntgenscanner ein, um dem bloßen Auge verborgenen Fußspuren und unter dem Boden verlegten Kabeln zu folgen.

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Schön ist, dass man das alles selbst tun muss. Nobody Wants to Die ist zwar – lasst mich das an dieser Stelle klar sagen – ein reines Erzählspiel, das euch auf strikt linearen Wegen durch seine Geschichte führt. Ihr müsst aber viele Aktionen selbst ausführen, weshalb das haptische Erlebnis einem ausgewachsenen Adventure gleicht.

Ich finde es durchaus schade, dass es sich nicht um ein solches handelt! Wie sehr hätte ich selbst entschieden, wann ich das UV-Licht nutze oder die Rekonstruktion des nächsten Video-Hologramms starte. Denn das alles wird Schritt für Schritt vorgegeben und über HUD-Symbole entsprechend angezeigt.

Selbst das Kombinieren von Indizien, die man statt auf einem Whiteboard nebeneinander auf dem Boden anordnet, erlaubt zwar das Verbinden nicht zusammengehöriger Beweisstücke, kennzeichnet Fehler allerdings gleich als solche, sodass man letztlich einfach nur so lange Gegenstände zusammenfügen muss, bis das richtige Ergebnis angezeigt wird.

Gleichzeitig gehört Nobody Wants to Die als Erzählspiel aber zu denen seiner Art, die sich nicht nur nach Wandern durch eine Galerie anfühlen, sondern als wäre man Teil des Geschehens. Immerhin führt man eben jede Aktion selbst aus und darf zahlreiche Requisiten in die Hand nehmen, sie drehen und oft genug einen Hinweis darauf entdecken.

Manchmal öffnet das sogar zusätzliche Gesprächsoptionen. Die legen den roten Faden zwar nicht neu aus, verstärken aber den Eindruck, das Geschehen voranzutreiben. Abgesehen davon beeinflussen größere Entscheidungen zudem Details der Handlung und auch den Ausgang der Geschichte. Wie man sich als Karra positioniert, spielt also eine wichtige Rolle.

Nobody Wants to Die ist für knapp 25 Euro als digitale Version in den Stores der Plattformbetreiber erhältlich.

  • Steam
  • PlayStation Store
  • Xbox Store
  • Das gilt vor allem gegenüber seiner Partnerin Sara, einer Stimme im Ohr, die ihn ständig begleitet. Während er gemeinsam mit ihr langsam den Fall aufrollt und Vertrauen zu ihr fasst, reden sie über Saras Vergangenheit sowie über die Frau, die Karra verloren hat. Und natürlich über die Hintergründe des Komplotts, dem sie Stück für Stück auf die Schliche kommen. Das betrifft die beiden ja nicht nur beruflich, sondern zieht bald noch weitere Kreise.

    Tatsächlich ist der Fall sehr geschickt mit dem Schicksal der Welt verbunden – gleichzeitig muss ich aber auch sagen, dass ich mir einen weniger forcierten Fokus in der Erzählung gewünscht hätte. Die Handlung hat nämlich gleich mehrere Stränge, die allesamt in das große Ganze greifen, und dadurch aber für mein Empfinden mehr davon ablenken, anstatt es zu verstärken.

    Anstatt jeden erzählerischen Baustein zu einem Teil der zentralen Geschichte zu machen, wären mir Einblicke in die Persönlichkeiten der beiden Ermittler als ruhige B-Storys lieber gewesen. Zumal man auf diese Weise einen Einblick in Teile der Welt gewinnen könnte, die sich nicht nur um das eine omnipräsente Thema drehen, und sie damit greifbarer, emotionaler machen.

    Stattdessen bleibt Manches sogar bis zum Ende als Geheimnis zurück, was womöglich das Tor zu weiteren Episoden öffnen soll. Das hat Nobody Wants to Die allerdings überhaupt nicht nötig. Und es schadet ihm sogar ein wenig, weil das Ganze dadurch eine Idee zu weit in Richtung Mystery gedrängt wird und dem retro-futuristischen Film Noir ein Stück seiner beeindruckend plastischen Präsenz entzieht.

    Nobody Wants to Die im Test – Fazit

    Immerhin ist es vor allen Dingen der prachtvolle Eindruck, an den ich mich erinnern werde. Der Blick aus Karras altem Wagen, wenn er sich in schwindelerregender Höhe aus der offenen Tür lehnt, um die Gegend zu sondieren. Wenn er durch das Fenster seines ebenso hoch gelegenen Wohnzimmers auf die Feuertreppe steigt, um sich in einer riesigen Leuchtreklame eine Zigarette anzuzünden, oder wenn der auf die Erde gestürzte Kopf der Freiheitsstatue im Blitzlicht eines Gewitters aufleuchtet. Wenn ihr euch darauf einstellen könnt, an solchen Schauplätzen von Symbolen an die Hand genommen zu werden und lediglich Entscheidungen in Form kleiner Dialogoptionen zu treffen, dann lasst euch ruhig von diesen eindrucksvollen Bildern verzaubern!

    Nobody Wants to Die
    PROCONTRA
    • Eindrucksvolle Kulissen und Requisiten
    • Stilvoller Film-Noir-Thriller mit stimmungsvollem Soundtrack
    • Cooles Rekonstruieren des Geschehens an den Tatorten
    • Geschichte ist etwas überladen und mysteriös
    • Keine echte Detektivarbeit, sondern striktes Anklicken von HUD-Symbolen
    Nobody Wants to Die im Test: Bildgewaltige Hommage an Blade Runner und das ewige Leben (16)
Nobody Wants to Die im Test: Bildgewaltige Hommage an Blade Runner und das ewige Leben (2024)

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